DIE URSPRÜNGE
DER FAMILIE
BORROMEO
Die Familie Borromeo, an deren Spitze heute Fürst Vitaliano XI. Borromeo und seine Frau Marina stehen, hat eine uralte Geschichte, die mit einer Legende beginnt.
Vage Berichte besagen, dass ein gewisser Lazarus – das erste angebliche Mitglied der Familie – im Jahr 1300 anlässlich des Heiligen Jahrs nach Rom pilgerte.
Nach seiner Rückkehr nannte man ihn „Bon Romeo“, was so viel bedeutet wie „guter Pilger, der in Rom war“, und von diesem Spitznamen leitete sich anscheinend der Familienname ab.
Die Geschichte hingegen will, dass die Familie Borromeo aus dem Dorf San Miniato al Tedesco stammt, das sie 1370 nach dem Aufstand gegen die Stadt Florenz verließ.
Die Familie war gezwungen, sich auf viele italienische Städte wie Mailand, Padua, Venedig, Pisa und Genua zu verstreuen und sich in zahlreiche Zweige aufzuspalten.
Die Geschwister Andrea, Borromeo, Alessandro, Giovanni und Margherita kamen nach Padua, wo letztere den mächtigen Giacomo Vitaliani heiratete.
Borromeo Borromei zog als erster nach Mailand.
In den 30er Jahren des 15. Jahrhunderts wuchs das Vermögen der Familie stetig.
1439 erhielt Vitaliano I. die Investitur von Arona und erwarb ausgedehnte Besitztümer am Lago Maggiore (darunter die Rocca di Angera), womit er den Grundstein für ein riesiges Lehnsgut legte, das als „Stato Borromeo“ bezeichnet wurde.
Er war es auch, der den Handels- und Bankgeschäften der Familie einen großen Impuls gab und in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts wichtige Positionen am Hof der Visconti in Mailand bekleidete.
Er war Generalschatzmeister des Herzogtums, Heereslieferant, exklusiver Konzessionär für den Salztransport von Genua nach Mailand und unterstützte Herzog Filippo Maria Visconti finanziell, wofür er im Gegenzug Land und Privilegien erhielt.
In jenen Jahren wurden auch in London, Brügge und Barcelona Bankfilialen eröffnet.
Links, der Giovanni I. und Vitaliano Borromeo von Herzog Filippo Maria Visconti (1418) gewährte Geleitbrief für ein Gefolge von bewaffneten Leuten bis Venedig - ABIB, Cassettiere, P107
Alle seine Kinder heirateten in die wichtigsten Familien des Mailänder Adels ein, was zu einer vollständigen Integration der Familie in die damalige politische Gesellschaft der Lombardei führte.
Die spektakuläre Dekoration der Empfangstreppe beispielsweise ist von diesen bedeutenden Familienbanden inspiriert und zeichnet sich durch große heraldische Wappen bedeutsamer europäischer Familien wie der Habsburger, der Medici di Marignano und der Farnese aus. Sie wurden ab 1680 vom Bildhauer Francesco Maino in Stuck modelliert.
Vitaliano I. war auch für den Bau und die Erweiterung des Mailänder Palastes verantwortlich, wie aus den Rechnungsbüchern jener Jahre hervorgeht, die im Borromäischen Archiv auf der Isola Bella verwahrt sind.
Aufgrund ungewöhnlicher historischer Ereignisse befindet sich der Sarkophag von Vitaliano I. Borromeo heute in der Apsis der Palatinischen Kapelle, der Privatkirche der Familie Borromeo, die an den Palast der Isola Bella angebaut ist.
Durch ihr diplomatisches und umsichtiges Vorgehen wurden die Borromäer zwischen dem 16. und 17. Jahrhundert zu einer der wichtigsten Familien im Mailänder Herzogtum, nicht zuletzt dank der herausragenden Persönlichkeiten der beiden Erzbischöfe von Mailand, Carlo und Federico Borromeo.
Von links, Porträt des heiligen Carlo Borromeo, Giovanni Ambrogio Figino, um 1600 (Pinacoteca Ambrosiana, Mailand);
Porträt von Kardinal Federico Borromeo, Giulio Cesare Procaccini, 1610 (Museo Diocesano, Mailand)
Carlo Borromeo (1538-1584), Neffe von Papst Pius IV. Medici, zum Priester ordiniert und zum Bischof geweiht, zog 1564 nach Mailand.
Er verzichtete auf viele Privilegien und veräußerte einen Teil seines Familienbesitzes, setzte sich für die Armen der Diözese ein und verteidigte entschieden die Reformen des Konzils von Trient. Im Jahr 1610 wurde er zum Heiligen erklärt.
Der Cousin Carlos, Erzbischof Federico Borromeo (1564-1631), wurde von Manzoni im historischen Roman Promessi Sposi verewigt und hinterließ Mailand ein so bedeutsames kulturelles Erbe, wie die 1609 eröffnete und immer noch aktive Biblioteca e Pinacoteca Ambrosiana.
Der ältere Bruder von Kardinal Federico Borromeo hieß Renato I. (1555-1608). Er gelangte im Jahr 1583 wieder in den Besitz der Inseln im Lago Maggiore.
Auf der größten dieser Inseln – die er Isola Renata taufte – errichtete der Adlige einen Palazzo mit terrassenförmigen Gärten.
Im 18. Jahrhundert wurde die Insel in Isola Madre umbenannt, vermutlich in Erinnerung an die Tatsache, dass sie als erste Insel des Archipels von der Familie Borromeo bewohnt wurde.
Einer der jüngeren Söhne Renatos I., Carlo III. Borromeo (1586-1652), erhielt die Isola Inferiore als Mitgift.
Auf dieser Insel – damals kaum mehr als ein Felsblock im See, mit einer kleinen Kirche, einigen Gemüsegärten und einer Fischerhütte – ließ Carlo III. um 1630 einen vom Architekten Giovanni Angelo Crivelli entworfenen, barocken Terrassengarten anlegen.
Zu Ehren seiner Frau Isabella d’Adda nannte er die Insel Bella.
Als gebildeter und neugieriger Mann übernahm Vitaliano VI. Borromeo 1650 die Leitung der Arbeiten auf der Isola Bella und mit einem Blick auf Rom sowie im Geist großer Unabhängigkeit und Entscheidungsfreiheit nahm er das von seinem Vater Carlo III. begonnene Projekt des Gartens auf der Isola Bella in die Hand.
Vitaliano verwandelte diese Idee in eine großartige barocke Szenografie und fügte einen prachtvollen Palazzo hinzu.