DIE MALERINNEN
DER ISOLA BELLA
Gilbert Burnet, ein anglikanischer Pfarrer, der Italien mit einem äußerst kritischen Blick auf die kirchliche Zensur und die absolutistischen Regierungsformen in vielen italienischen Staaten bereiste, war einer der ersten, die 1686 die Isola Bella besuchten. Burnet, der sich für diesen noch im Bau befindlichen Ort begeisterte, erahnte die Schönheit der Anlage und kommentierte auch die Qualität und Anzahl der Gemälde in den Räumen des Palastes:
Hier gibt es eine großartige Sammlung edler Bilder, die alles übertrifft, was ich in Rom gesehen habe.
Ein solch schmeichelhaftes Urteil konnte nicht anders als die Kriterien rechtfertigen, mit denen Vitaliano VI. Borromeo begonnen hatte, seine Gemäldesammlung zusammenzustellen und das Haus mit großen Gemälden, meist von modernen Künstlern, zu tapezieren.
Um den 30. Juni 1666 herum zeichnete sich das Szenario immer deutlicher ab. Vitaliano VI. schrieb an seinen Bruder:
Ich ließ die Schriften, Gemälde und andere Ornamente anordnen. Das Haus wird auf eine einzigartige Weise geschmückt, und ich kann Eurer Exzellenz sagen, dass es an etwa dreihundert Gemälde gibt, größtenteils von sehr guter Qualität und in geschnitzten goldenen und türkisblau gefassten Rahmen.
Von links: Sala delle Medaglie (Medaillensaal), Sala della Regina (Königinnensaal) und Sala del Trono (Thronsaal), Palazzo Borromeo, Isola Bella
Die Innenausstattung der Isola Bella, so wie wir sie heute kennen, begann sich abzuzeichnen. Man denke dabei vor allem an die Räume, die ihr ursprüngliches Aussehen bewahrt haben, wie der Medaillensaal, der Thronsaal und der Königinnensaal, in dem die Rahmen mit in Gold und Blau bemaltem Bänderdekor beinahe ebenso wichtig sind wie die Gemälde, die sie enthalten.
Die kurz vor dem Tod Vitalianos VI. in allen Details vollkommen ausgestattete Gemäldegalerie ist ein 15 x 5,85 m großer Raum mit einem Kassettentonnengewölbe.
Seit Ende des 17. Jahrhunderts tragen die Wände, auf die sich das durch lombardische Handwerker mit Stuckarbeiten verzierte Gewölbe stützt, dicht aneinandergereihte Gemälde, die jeden Zentimeter der Oberfläche ausfüllen.
Sie sind buchstäblich mit einem Mosaik aus Gemälden in geschnitzten und vergoldeten Rahmen tapeziert.
Die Galerie ist eine im Europa zwischen dem 16. und 17. Jahrhundert weit verbreitete Architekturform, die eine Funktion des sozialen Prestiges übernimmt und traditionell für das Sammeln von Gemälden, Skulpturen und Kunstobjekten bestimmt ist.
Wir kennen berühmte Beispiele solcher Räume mit Längsschnitt in anderen Teilen des Landes, aber in der Lombardei ist die Borromäische Galerie auf der Isola Bella die einzige noch erhaltene des antiken Reichtum dieser Architekturform.
Früher als Galerie der antiken Gemälde und später als Alkovengalerie bekannt, wurde sie seit Ende des 19. Jahrhunderts in Erinnerung an den Aufenthalt des französischen Generals Louis-Alexander Berthier (1753-1815) im Gefolge von Napoleon und dessen Frau Josephine auch als Galerie des Generals Berthier bezeichnet, da er im August 1797 in der Alkove der Galerie schlief.
Unter den ausgestellten Gemälden befinden sich drei Werke von Malerinnen mit ausgesprochen interessanten Geschichten.
Aber wie kam eine Frau zu diesem Beruf?
Nur solche, die in adlige Familien hineingeboren wurden, erhielten eine Ausbildung, die auch Kunst einschließen konnte. Eine andere Art, sich der Malerei zu nähern, war Töchtern bzw. Schwestern von Künstlern vorbehalten, die das Handwerk von ihrem Vater bzw. ihren Brüdern übernahmen. Schließlich wurde auch Nonnen die Möglichkeit eingeräumt, sich in den Klöstern der Miniatur- und Dekorationskunst zu widmen und ihre Tätigkeit zu einem echten Beruf zu machen.
Einige von ihnen erlangten in der damaligen Gesellschaft absolutes Prestige, wie Elisabetta Sirani. Sie wurde 1660 zur ordentlichen Professorin der Kunstakademie von San Luca in Rom gewählt und in der Werkstatt ihres Vaters „capomastra“ (Malermeisterin), als dieser sich aus Gründen der Gicht zurückziehen musste. Dabei übertraf sie ihn an Qualität, Können und Popularität.
Auch die in Cremona geborene und in Trient lebende Fede Galizia genoss eine gewisse Berühmtheit. Ihre Gemälde wurden nicht nur von der Mailänder Elite geschätzt, wo sie ab 1587 lebte, sondern auch am Prager Hof von Rudolf II. Fede Galizia war vor allem für ihre Stillleben bekannt, war aber eine vielseitige und sehr begabte Künstlerin, die sich auch an Altarbildern versuchte, was für eine Frau sehr selten ist.
Und schließlich Francesca Volò Smiller, zu Ehren ihres Vaters Vicenzina genannt, Tochter von Vincenzo Volò, genannt Vincenzino dei Fiori (1601-1671). Francesca war unübertroffen im Malen von Stillleben mit Trophäen von Früchten und Blumen, in denen die Narzissen, Anemonen, Tulpen und der Jasmin so detailliert dargestellt sind, dass man den Eindruck hat, sie riechen zu können.
Francesca Volò Smiller genannt Vicenzina, von links nach rechts: Stillleben mit Orangenblütenzweigen, Pfirsichen und Trauben, um 1680; Stillleben mit Schnittblumen, um 1680; Stilleben mit Jasmin und Trauben, um 1680; Stillleben mit Schnittblumen und Pfirsichen, um 1680